Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude 1999

  • Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2015)

    Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2015)

  • Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2015)

    Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2015)

  • Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: DBT / Jörg F. Müller (2009)

    Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: DBT / Jörg F. Müller (2009)

  • Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: DBT / Cordia Schlegelmilch (2018)

    Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: DBT / Cordia Schlegelmilch (2018)

  • Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: DBT / Cordia Schlegelmilch (2018)

    Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: DBT / Cordia Schlegelmilch (2018)

  • Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: DBT / Johannes Backes (2009)

    Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: DBT / Johannes Backes (2009)

  • Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: DBT / Stephan Klonk (2013)

    Jenny Holzer: Installation für Reichstagsgebäude, 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: DBT / Stephan Klonk (2013)

Die amerikanische Künstlerin Jenny Holzer lässt in der Nordeingangshalle auf einer Stele digitale Leuchtschriftbänder mit Reden von Reichstags- und Bundestagsabgeordneten ablaufen. Parlamentarische Zwischenrufe werden durch wiederholtes Aufblinken kenntlich gemacht. Die Reden wurden von der Künstlerin ausgewählt und zu Themenblöcken zusammengestellt. Die ausgewählten Reden stammen aus einem Zeitraum, der vom Jahre 1871, dem Jahre der Reichsgründung, bis zum April 1999 reicht, als das Reichstagsgebäude nach dem Umbau durch den britischen Architekten Norman Foster neu eröffnet wurde. Die Künstlerin hat 447 Reden und Rednerbeiträge aneinandergereiht, so dass die Reden etwa 20 Tage lang ununterbrochen ohne Wiederholung ablaufen. Es sind jeweils vier unterschiedliche Reden, die auf den vier Seiten des Pfeilers ablaufen, aber alle vier setzen sich mit dem selben Themenbereich auseinander: So findet in der nördlichen Eingangshalle des Parlamentes eine nicht endende Diskussion statt, die in der Gestaltung durch Jenny Holzer unmittelbar anschaulich macht, dass es in einer parlamentarischen Demokratie eben nicht nur die eine Seite, nicht nur einen Standpunkt gibt.
Die auf der Stele zur Deckenmitte hin aufsteigenden Parlamentsreden bilden symbolisch einen tragenden Pfeiler des Parlamentes als des Hauses der politischen Rede (von franz. »parler« = reden). Besonders beeindruckend wirkt die Leuchtstele abends, wenn ihre Außenbegrenzung durch die Dunkelheit nicht mehr sichtbar ist und daher nur noch die aufleuchtenden Worte der Reden das Gewölbe zu tragen scheinen. Gleichzeitig spiegeln sie sich vielfach gebrochen in den Glaswänden der Nordeingangshalle. So reflektiert Jenny Holzer im wörtlichen und im übertragenen Sinne bildkräftigt mit den ihr eigenen künstlerischen Ausdrucksmitteln Wesen und Geschichte des Parlamentarismus in Deutschland.
Jenny Holzer begann ihre künstlerische Laufbahn mit Texten und Essays. Seit 1977 zeigte sie auf Plakaten, Häuserwänden oder Neonreklamen sog. »Truisms« (Binsenwahrheiten wie z.B.: »Any surplus is immoral«, »Politik dient Privatinteressen«). Deren lapidare Mitteilungen bewirken in einer von Werbetexten und anderen optischen Signalen dominierten Umwelt ein Innehalten und Nachdenken. Diese Botschaften steigert sie, u.a. im amerikanischen Pavillon der Biennale Venedig 1990 oder in der Neuen Nationalgalerie Berlin 2001 zu einer komplexen Sprachinstallation, die architekturbezogene Gestaltung und gesellschaftspolitische Botschaften miteinander verknüpft. Andernorts wirft sie mit starken Xenonlampen-Projektoren ihre Botschaften auf historische Gebäude wie das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig oder die Kaiserpfalz in Goslar. Die Monumente werden von ihr wortwörtlich in ein neues Licht gestellt, werden zu Trägern aktueller Botschaften und gewinnen durch das Anstrahlen paradoxerweise jene Ausstrahlung zurück, über die sie einst als symbolisch-repräsentative Bauten ihrer Zeit verfügten. Bei all diesen Projekten reagiert die Künstlerin mit ihren Texten auf die besondere historische und politische Situation des jeweiligen Ortes. In vergleichbarer Weise setzt sie sich im Reichstagsgebäude mit der Geschichte des Hauses auseinander und verleiht ihm durch das zeitgenössische Medium der Lauf- und Leuchtschrift eine neue Aktualität. Mit diesem modernen Medium greift Jenny Holzer bewusst auf ein Kommunikationsmittel zurück, das den Menschen aus ihrer täglichen Umgebung, von Bahnhöfen, aus Zügen und Bussen, von den Börsennachrichten oder aus der Werbung vertraut ist. Jenny Holzers Arbeit ist daher auf der einen Seite durchaus medienkritisch, indem sie auffordert, die täglichen Werbebotschaften nicht unreflektiert auf sich einwirken zu lassen. Auf der anderen Seite wirbt sie gleichzeitig für die Anerkennung neuer Kommunikationsformen, die sie als Künstlerin nutzt, um ihre eigenen Botschaften möglichst effektiv zu übermitteln.

Andreas Kaernbach


Lichtinstallation
Stahlstele mit LED-Anzeige
14350 x 14,5 x 14,2 cm
299.488 €
Direktvergabe

Reichstagsgebäude
Eingangshalle Nord
öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstlerin : Jenny Holzer

Die US-amerikanische Installations- und Konzeptkünstlerin Jenny Holzer wurde 1950 in Gallipolis, Ohio, geboren. Sie studierte Malerei, Zeichnung und Drucktechniken an der Duke University in Durham/North Carolina, an der University of Chicago/Chicago, an der Ohio University in Athens und an der Rhode Island School of Design in New York. Sie begann ihre künstlerische ARbeit als abstrakte Malerin, nach ihrem Umzug nach New York 1977 begann sie mit Text als Kunstform zu arbeiten. Als Konzept- und Installationskünstlerin realisierte weltweit Ausstellungen, Projektionen und Kunst am Bau, u. a. im Reichstagsgebäude des Deutschen Bundestags, am World Trade Center in New York, auf der Biennale in Venedig, im Guggenheim Museum und Whitney Museum of American Art in New York. Ihr Werk wurde 1990 mit dem Goldenen Löwen von Venedig ausgezeichnet, 1996 erhielt sie den Crystal Award des World Economic Forum. 2002 wurde sie mit dem Kaiserring der Stadt Goslar geehrt und 2011 mit der Barnard Medal of Distinction.

 

Reichstagsgebäude

Architektur: Paul Wallot
Bauzeit: 1884-1894

Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin

1884-1894 für den Reichstag des Deutschen Kaiserreiches und den der Weimarer Republik errichtet, 1920 trat darin der erste demokratisch gewählte Reichstag zusammen. Durch Reichstagsbrand 1933 und Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, Wiederaufbau in den 1960er Jahren durch Paul Baumgarten. 1993 Wettbewerb für den Umbau des Reichstags, den der britische Architekt Norman Foster gewann. Seit 1999 Sitz des Deutschen Bundestages und auch der Bundesversammlung, die den deutschen Bundespräsidenten wählt.

Weitere Kunstwerke: Deutscher Bundestag, Berlin