Roswitha Josefine Pape: How do we see the world 2000

  • Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / André Kirchner (2001)

    Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / André Kirchner (2001)

  • Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / André Kirchner (2001)

    Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / André Kirchner (2001)

  • Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / André Kirchner (2001)

    Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / André Kirchner (2001)

  • Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

    Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

  • Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

    Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

  • Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

    Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

  • Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

    Roswitha Josefine Pape: How do we see the world, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

Die Architektur des Reichsluftfahrtministeriums war darauf angelegt, zu demonstrieren, wie groß der NS-Staat und wie klein der Einzelne darin ist. 56.000 qm Nutzfläche und 17 Treppenhäuser gibt es hier. Für die Flure wurde eine Gesamtstrecke von fast sieben Kilometern errechnet. Der Monumentalismus überschattet nicht nur die modernen Ansätze der 1935-36 von Ernst Sagebiel, einem früheren Mitarbeiter von Erich Mendelsohn, errichteten und zu DDR-Zeiten als Haus der Ministerien genutzten Architektur. Er tendiert außen wie innen auch zu Monotonie. Diese wird seit der Herrichtung des Gebäudes fürs Finanzministerium der Bundesrepublik Ende der 1990er Jahre partiell mit einer ästhetischen Fraktur deutlich überwunden. Es handelt sich um den Kunst-am-Bau-Standort in der dritten Etage im Treppenhaus. Dort stößt der Flur des langen Gebäuderiegels, der von der Leipziger Straße zur Niederkirchnerstraße reicht, auf den nördlichen Querflügel und den Flur mit der anliegenden Lobby zum heutigen EURO-Saal. Hier hat Roswita Pape unter dem Titel „How do we see the world“ 15 Siebdrucke, Malereien, Holzschnitte zu einem Bilderzyklus zusammengefasst, der mit visueller Opulenz aus der nüchternen Umgebung ausbricht.
In der foyerähnlichen Treppenhalle hat die in Heidelberg lebende Künstlerin drei große, mit einer Lasur frei übermalte Siebdrucke angebracht. Zwei große Augenpaare lenken den Blick auf eine Weltklimakarte. Darauf sind auch das Wort „le temps“ in der Mehrfachbedeutung von ‚Zeit‘, ‚Zeitverlauf‘ und ‚Wetter‘ und die Motive einer zentralperspektivischen Treppen- und Rampenkonstruktion sowie die Beine eines Schreitenden zu sehen. Im anschließenden Flur befinden sich zwischen den Fenstern sieben Holzschnitte. In offenkundiger ironischer Distanzierung variieren sie – jeweils über Darstellungen von Pflanzenkübeln – in unterschiedlicher Kolorierung das Motiv des von der DDR verliehenen Ordens „Verdienter Lehrer des Volkes“. Als Kommentar dazu listet eine vorangestellte wandhohe Tafel über hundert Mal (in englischer Sprache) das jüdische Sprichwort „‘for example‘ is not proof“ („‘Zum Beispiel‘ ist noch kein Beweis“) auf. An den Seitenwänden der vom Flur abgehenden Lobby zum heutigen Euro-Saal setzt sich der Zyklus fort: Zwei Varianten des titelgebenden Schriftgemäldes „How do we see the world“ sind dort im Hell-Dunkel-Wechsel positiv-negativ aufeinander bezogen. Zwei weitere Bilder einer Schönwetter- und einer Gewitterwolke knüpfen ans Sujet der Wetterkarte an.
Entwickelt hat Pape das Bildprogramm in Erinnerung an die Bemerkung des Philosophen Ludwig Wittgenstein (1889-1951), „dass die Geschichtlichkeit des Menschen darin besteht, dass er niemals in seiner Gegenwart aufgehen kann, sondern in seinem tätigen in der Welt Sein immer aus der Vergangenheit motiviert wird und auf die Zukunft orientiert ist.“ Die Augen, Wolken, die Perspektivkonstruktion und der Orden eines ausgedienten Staates erschließen sich jedenfalls als eingängige Motive der Subjektivität von Sichtweisen und deren Wandel in der Zeit. Die Farbvariationen, der Mix der Gattungen und Techniken und natürlich auch der Titel, der eine Erklärung ankündigt, aber auch eine Frage ist, unterstreichen die universelle Thematik dieser Kunst am Bau. Im Rekurs auf den Lehrer-Orden der DDR wird der Zyklus konkreter und handelt auch von der wechselvollen Vergangenheit des Gebäudes und seiner mutmaßlich nicht für alle Zeiten gewissen Zukunft. M.S.

Weiterführende Literatur Online:
Martin Seidel / Claudia Büttner / Johannes Stahl (Autoren), Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Kurzdokumentation von 300 Kunst-am-Bau-Werken des Bundes von 1950 bis 2013, BBSR-Online-Publikation Nr. 03/2018, Februar 2018.

Weiterführende Literatur:
Kunst am Bau. Die Projekte des Bundes in Berlin, hrsg. v. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW), Berlin 2002, S. 146-151
Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) (Stand: August 2015): Das Detlev-Rohwedder-Haus – Spiegel der deutschen Geschichte. Redaktion: Dörte Hansen, Dr. Maika Jachmann. Berlin


Wandarbeit
MDF-Bild-Platten kaschiert mit Leinengewebe
81.807 €
nicht-offener Wettbewerb / Einladungswettbewerb mit 7 Teilnehmern

Detlev-Rohwedder-Haus
Treppenhaus und Lobby des Kleinen Saals
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstlergruppe : Roswitha Josefine Pape

Detlev-Rohwedder-Haus

Architektur: Ernst Sagebiel
Bauzeit: 1935-36

Bundesministerium der Finanzen
Wilhelmstraße 97
10117 Berlin

Das 1935-36 von Ernst Sagebiel als Reichsluftfahrtministerium errichtete Detlev-Rohwedder-Haus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der sowjetischen Militäradministration und ab 1950 von der DDR als "Haus der Ministerien" genutzt. 1990 war darin die Treuhandanstalt untergebracht, heute ist es Dienstsitz des Bundesfinanzministeriums, wofür es 1996-1999 von HPP international denkmalgerecht hergerichtet wurde.